Vergleich von Prüfwerkzeugen für die Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten Tingtun und Acrobat Pro

22 Mai 2021 | Ted Page

Tools zur Überprüfung der Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten können nützlich sein, vorausgesetzt, Sie kennen ihre Einschränkungen und Unterschiede. Doch welches Tool sollte ich benutzen? In diesem Artikel vergleiche ich den webbasierten Tingtun PDF Accessibility Checker mit dem integrierten Acrobat Pro. (Ich verwende den PAC 3 aus mehreren Gründen selten, aber das würde hier zu weit führen.)

Den ersten Teil dieses Tests habe ich an einem PDF-Dokument durchgeführt, das seit vielen Jahren wichtiger Bestandteil meiner Schulungsunterlagen ist. Es enthält mehrere problematische Elemente, die absichtlich integriert wurden, um zu zeigen, wie man die Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten überprüfen kann. Danach habe ich neun weitere Dokumente verschiedener Autor*innen und Organisationen überprüft.

Testergebnisse für Tingtun

Als Erstes habe ich mein Testdokument auf die Seite von Tingtun hochgeladen und dann die Überprüfung durchgeführt. Die Ergebnisse finden Sie in folgender Tabelle.

Tingtun Ergebnisseite

Analyse

Tingtun fand in diesem Dokument vier Fehlerkategorien: Kopf- und Fußzeilen, Textmarken, Alternativtext und Tabellen.

Kopf- und Fußzeilen

Der erste „Fehler“ bestand darin, dass keine fortlaufenden Kopf- und Fußzeilen vorhanden waren. Tingtun meldete dies als Fehler hinsichtlich WCAGs PDF14:Bereitstellung von fortlaufenden Kopf- und Fußzeilen in PDF-Dokumenten, obwohl das Dokument überall Fußzeilen mit Seitennummern enthielt. (Übrigens enthielt ein anderes, von mir überprüftes Dokument abgesehen vom Deckblatt überall Kopfzeilen, was Tingtun ebenfalls als Fehler meldete.)

Textmarken

Tingtun stellte richtigerweise fest, dass das Dokument keine Textmarken enthält. Hier schnitt es besser ab als Acrobat, wo dieses Problem übersehen wurde.

Alternativtext

Tingtun erkannte ebenfalls, dass das Dokument drei Abbildungen ohne Alternativtext enthielt.

Tabellen

Zuletzt erkannte Tingtun acht Tabellen mit Tagging-Problemen. Im Gegensatz zum Prüfwerkzeug von Acrobat fehlten leider nähere Angaben darüber, welche Probleme in welchen Tabellen auftreten. Tatsächlich befinden sich im Dokument neun Tabellen, von denen fünf korrekt mit einem Tag versehen sind, vier jedoch nicht.

Anmerkung

Tingtun hat das Fehlen von Alternativtext und Textmarken richtig erkannt. Allerdings sind die Ergebnisse bei Kopf- und Fußzeilen mit Vorsicht zu genießen. Kopf- und Fußzeilen in jedem Dokument zu verlangen, wäre gelinde gesagt eine unnötige Beschränkung. Welchen Sinn hätte dies beispielsweise bei Dokumenten mit nur einer Seite? Die Ergebnisse für Tabellen sind leider unzuverlässig und nicht hilfreich. Und wie wir noch sehen werden, wurden einige erhebliche Probleme nicht erkannt, die das Prüfwerkzeug von Acrobat finden konnte.

Testergebnisse für Acrobat Pro

Im Gegensatz zu den vier Fehlerkategorien von Tingtun fand Acrobat im gleichen Dokument neun „Fehler“: Titel, mit Tags versehener Inhalt, mit Tags versehene Anmerkungen, Aktivierreihenfolge, Formulare, Alternativtext, Tabellen, Listen und Kopfzeilen.

Ergebnistabelle des Acrobat-Prüfwerkzeugs

Es gab lediglich zwei Kategorien, in denen Tingtun und Acrobat zum gleichen Ergebnis kamen:

  • Beide meldeten richtigerweise drei Abbildungen ohne Alternativtext.
  • Beide erkannten nicht, dass ein PDF-Dokument auf Englisch vollständig mit der Spracheinstellung „Arabisch“ versehen war.

In zwei Kategorien schnitt Tingtun besser ab als Acrobat:

  • Im Gegensatz zu Tingtun erkannte Acrobat nicht das Fehlen von Textmarken in diesem Dokument.
  • Im Testdokument befindet sich eine übersprungene Überschrift. Sie wurde absichtlich übersprungen. Eine Änderung würde die Barrierefreiheit des Dokuments verschlechtern, nicht verbessern. Acrobat hat diese völlig zulässige übersprungene Überschrift als Fehler gemeldet. Tingtun hat dies korrekterweise nicht getan.

In allen anderen Aspekten schnitt Acrobat besser ab als Tingtun. Acrobat erkannte richtigerweise:

  • – dass der Titel des Dokuments nicht angezeigt wird
  • – dass ein Logo nicht mit einem Tag versehen war und eine Seitenzahl vorhanden war, die ein Artefakt hätte sein sollen
  • – ein Problem mit dem Tagging von Verknüpfungen, das ein totes (oder stilles) Element in der Aktivierreihenfolge erzeugt
  • – dass die Aktivierreihenfolge nicht festgelegt wurde
  • – ein Feld eines Formulars ohne Verknüpfung
  • – eine Tabelle ohne Kopfzeilen. Allerdings erkannte es nicht, dass die Attribute ColSpan und RowSpan in drei anderen Tabellen fehlten
  • und dass in einer Liste die übergeordnete Verknüpfung <L> fehlte

Fehler ,Seite konnte nicht heruntergeladen werden’

Als nächstes versuchte ich, neun weitere Dokumente auf die Tingtun-Seite hochzuladen. Vier davon konnten überhaupt nicht hochgeladen werden und verursachten die Fehlermeldung ,string indices must be integers’ (String-Indizes müssen ganze Zahlen sein; siehe unten). Diese Meldung wird wohl für alle Benutzer dieses Dienstes (einschließlich mir selbst) ein Rätsel bleiben.

Tingtun Fehlermeldung: string indices must be integers

Diese vier Dokumente sind nebenbei bemerkt alle vollständig barrierefrei. Sie funktionieren einwandfrei mit einer Reihe von Hilfstechnologien und weisen im Prüfwerkzeug von Acrobat keine Fehler auf.

Keines der übrigen fünf Dokumente brachte weitere wichtige Erkenntnisse, die nicht bereits durch mein Testdokument bekannt gewesen wären.

Fazit

Nach der Überprüfung ausgewählter Dokumente in Tingtun komme ich zu dem Schluss, dass das Prüfwerkzeug von Acrobat die Situation wesentlich besser widerspiegelt und weniger fehleranfällig ist. Aus diesem Grund ist Acrobat weiterhin mit großem Abstand mein bevorzugtes Prüfwerkzeug, wobei übermäßiges Vertrauen in automatische Prüfwerkzeuge für die Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten selbstverständlich eigene Gefahren birgt.